Wahl des Themas bezüglich des Aussehens der Euro-Banknoten
Die Fälschungssicherheit ist bei Überlegungen bezüglich der Gestaltung von Banknoten immer einer der wichtigsten Faktoren. Außerdem sollten Banknoten und besonders Geldschein Serien auch optisch angenehm sein, vor allem, wenn sie zur Verwendung in mehreren Staaten vorgesehen sind. Ziel der Gestaltung musste es daher sein, Euro-Geldscheine zu kreieren, mit denen bei einer möglichst großen Zahl von Menschen innerhalb wie auch außerhalb des Euroraums Akzeptanz hervorgerufen wurde. Ein weiteres Anliegen war es, dass die Banknoten, da sie über Länder- und Kulturgrenzen hinweg genutzt werden würden, weder landestypische noch auf ein Geschlecht bezogene Merkmale haben sollten.
Dies war ein „unparteiischer“ Denkansatz, den die Verantwortlichen bei der Auswahl eines Themas für die Gestaltung zu berücksichtigen hatten. Darüber hinaus sollte das Einbinden ästhetisch ansprechender Gestaltungsmerkmale ermöglicht werden. So wurde die „Banknote Working Group“, die eigens geschaffene Arbeitsgruppe für Banknoten, vom EWI-Rat im November 1994 aufgefordert, Vorschläge für ein passendes Design der Euro-Geldscheine vorzulegen. In der Arbeitsgruppe saßen neben den Hauptkassenleitern (sie verantworteten die Ausgabe der Banknoten) der Zentralbanken auch die Leiter der für den Druck der Banknoten zuständigen NZBen.
Sachverständige unterstützen die Ausarbeitung
Die Arbeitsgruppe wurde von der sogenannten „Theme Selection Advisory Group“, einer Gruppe externer Berater, tatkräftig unterstützt. Die Mitglieder waren vor allem Sachverständige aus den Fachgebieten Geschichtswissenschaften, Kunst, Psychologie, Gestaltung sowie Banknotendesign. Die Aufgabe dieses Gremiums bestand in einem ersten Schritt darin, mögliche Themen zu erarbeiten und als Vorschläge weiterzugeben. Diese sollten vor allem ein Gefühl der Einheit schaffen beziehungsweise die vorgesehene Stückelung der Banknoten mit einem einheitlichen Rahmen versehen. Nach der Erarbeitung mehrerer Vorschläge bestand die nächste Aufgabe darin, die drei geeignetsten Ideen herauszufiltern und in eine Rangfolge zu bringen.
Die Banknoten sollten Fahne oder Sterne der Europäischen Union oder auch beide tragen. Hintergrund diese Entscheidung war, dass man die Scheine auf dem gesamten Globus sofort als europäische Banknoten erkennen sollte. Diese Symbole werden von den europäischen Staaten verstärkt verwendet, obwohl ihre Historie jeweils unterschiedliche Verläufe genommen hatte. Trotzdem leben und arbeiten sie nun als Partner in Europa. So wurden 18 Themenbereiche ausgewählt, die ihren Fokus und ihr Interesse allerdings allzu oft auf einen einzelnen Staat legten.
- Zeitalter und Stile in Europa
- Europas Erbe
- Abstraktes Thema und Sicherheit
- Die Europäische Union und ihre Ideale, Ziele und Ambitionen
- Kulturelle Leistungen und kollektive Erinnerung Europas
- Fauna, Flora und natürliche Umgebung
- Europas Berühmte Söhne und Töchter, die eine bestimmte Disziplin repräsentieren
- Kennzeichen Europas (Für die Existenz eines vereinigten Europas unerlässliche Dinge, beispielsweise freier Handel)
- Bekannte Erzählungen und Gedichte der europäischen Literatur
- Beidseitig aufgedruckte, unterschiedliche Porträts bei jeder Banknotenstückelung
- Europäische Landschaften
- Städte mit großer Bedeutung für die Geschichte Europas, z. B. Städte mit bekannten Universitäten
- Baudenkmäler
- Mythen und Legenden aus keltischem oder römischem Umfeld in Skandinavien, Deutschland oder Griechenland
- Bedeutende Bücher und Buchentwürfe aus Europa
- Europäische Landkarten verschiedener Epochen
- Die Europäische Union und ihre Gründer
- Kosmologie
Diese drei Themen sollen Berücksichtigung finden
Aus diesen Themenvorschlägen suchte das Beratungsgremium die folgenden drei Ideen aus:
- „Zeitalter und Stile in Europa“: Die einzelnen Banknoten sollten auf einer Seite Porträts gewöhnlicher Frauen und Männer europäischer Gemälde, Skizzen und Zeichnungen aus unterschiedlichen Epochen tragen. Die andere Seite der Banknoten sollte Baustile darstellen. Damit würde ein Thema gewählt, durch welches sich das gemeinsame kulturelle Erbe der Völker Europas betonen ließe. Zudem wäre es ein deutliches europäisches Zeichen in die Welt. Hintergrund war der Gedanke, dass Europas berühmteste Gebäude, Gemälde und Wahrzeichen bekannter seien, als europäische Politiker.
- „Europas Erbe“: Bei diesem Thema würde man auf einer Seite der Banknoten berühmte Männer und Frauen der Geschichte als Motiv wählen, die andere Seite würde Leistungen in Bereichen wie Architektur, Bildung, Literatur, Malerei, Medizin, Musik sowie Wissenschaft darstellen und würdigen. Als Hintergrundmotiv würde auf allen sieben Geldscheinen die Karte eines Europas ohne Grenzen dienen. Auf diese Weise ließen sich die einzelnen Scheine der Banknotenserie optisch verbinden. Das Thema „Europas Erbe“ ließ einen deutlich größeren Spielraum als das Thema „Zeitalter und Stile“. Die Abbildung sieben verschiedener Disziplinen schuf Platz für vielfältige Darstellungen. Was ungleich schwieriger schien, war die Schaffung einer gleichen Gewichtung zwischen den einzelnen Ländern sowie zwischen den möglichen Darstellungen von Frauen und Männern.
- Beim Thema „Abstraktes Thema und Sicherheit“, kam es später zu einer Abänderung des Titels in „Abstraktes/modernes Design“ mit dem Schwerpunkt auf geometrischen Formen und nicht bildlichen Elementen der Gestaltung. Mit Blick auf die Gestaltungsmöglichkeiten gab es bei diesem Thema viel Freiraum. Zudem vereinfachte es den Einbau einer großen Bandbreite von Sicherheitsmerkmalen, wie beispielsweise optisch variable Farben oder Hologramme und ließ außerdem Raum für verschiedenste Gestaltungsansätze, mit denen auch neutrale Formen der Gestaltung umzusetzen waren.
Vom Rat der EWI wurden im Juni 1995 zwei der drei Vorschläge genehmigt: „Abstraktes/modernes Design“ und „Zeitalter und Stile in Europa“. Es wurde außerdem entschieden, lediglich die Bezeichnung der Währung sowie die Initialen der Europäischen Zentralbank, also „EZB“ in den jeweiligen Landessprachen auf die Banknoten zu schreiben. Ein Gremium aus Beratern, welches für die Auswahl der Charakteristika für die Gestaltung zuständig war, erhielt den Auftrag, die zur Verfügung stehenden Epochen einschließlich der jeweiligen Baustile bezüglich des Themas „Zeitalter und Stile in Europa“ auszuwählen:
Epoche/ (Baustil für die Darstellung)
- Jh. v. Chr. bis 4. Jh. n. Chr. / (Klassik – römisch/griechisch)
- und 12. Jh. / (Romanik)
- und 14. Jh. / (Gotik)
- und 16. Jh. / (Renaissance)
1600 – 1750 / (Barock/Rokoko)
1850 – 1914 / (Glas- und Eisenarchitektur)
ab 1930 / (Architektur des 20. Jh.)
Vom Beratergremium wurden zudem typische Gestaltungsmotive des jeweiligen Baustils ausgewählt. Diese Motive durften die Designer nach eigenem Ermessen verwenden. Nach einhelliger Meinung des Gremiums war es fast unmöglich, Motive zu finden, die absolut neutral waren. Als Beispiel wurden Porträts genannt. Die meisten waren zwar optisch gut, boten aber fast immer auch eine Verbindung zu einem bestimmten Geschlecht oder Land. Daher wurden zahlreiche Gestaltungsideen ausgesucht, die beispielsweise Bezug auf skulpturale Darstellungen nahmen, beispielsweise der Kopf einer Statue, die einen Athleten zeigte (Epoche Klassik, Vorschlag für die 5-Euro-Banknote) oder eine Kopf-Skulptur von Benedetto Antelami, die sich in der Kathedrale von Parma (Epoche Romanik, Vorschlag für die 10-Euro-Banknote) befindet.
Länderspezifische Motive für die Ausgestaltung der Geldscheine waren damals noch erlaubt. Grund für diese damals gültige Regelung war, dass an solchen Motiven das Land, welches die Geldscheine in Umlauf brachte, erkennbar war. Nationale Gestaltungscharakteristika durften die Rückseite der Banknote bis zu einem Fünftel ausfüllen. Identisch wäre dann der Rest der Banknotengestaltung. Es wurden Werbetexte erstellt, in denen die Banknoten-Designer die Kriterien darlegten, die zu erfüllen waren. Zu diesen Kriterien gehörte unter anderem, dass die Geldscheine möglichst fälschungssicher, optisch ansprechend und einfach zu erkennen sein sollten.
Außerdem mussten sich auf den Banknoten an festgelegten Stellen bestimmte Farben, Wertzeichen mit deutlich erkennbarem Kontrast sowie Sicherheitsmerkmale befinden. Alle Gestaltungscharakteristika wurden in einem mehr als 30 Seiten starken Schreiben festgehalten. Dieses hatte hauptsächlich die technischen Beschreibungen der Sicherheitsmerkmale zum Inhalt. Auszüge des Auslobungstextes bezüglich des Themas „Zeitalter und Stile in Europa“ werden später auf den Seiten ?? bis ?? abgedruckt.